Finnmark – Norwegens Norden

An der Grenze zur Wildnis

Wir entdecken mit dem Wohnmobil die einsame Wildnis der Finnmark. Über die E6 und abgelegene Strassen geht es von Alta durch karge Tundra, vorbei an Rentieren, bis zur russischen Grenze. Dort spüren wir die Beklemmung – ein Kontrast zur stillen Schönheit der arktischen Landschaft, die uns fasziniert.

Reiseroute Finnmark
Reiseroute Finnmark

Anfang Juni überqueren wir mit unserem Wohnmobil die Grenze der Finnmark bei Langfjordbotn vor Alta. Jeder Wohnmobilist, der via Norwegen ans Nordkap fährt, kommt hier vorbei. Eine andere Strasse, die in diese Provinz führt als die E6, gibt es in Norwegen nicht. Die Europastrasse 6 (E6) ist mit mehr als 3000 Kilometern die längste durchgehende Strassenverbindung in Skandinavien. Sie beginnt in Schweden am Ostsee-Fährhafen von Trelleborg, führt durch Westschweden und nahezu ganz Norwegen, und endet nahe der norwegischen Grenze zu Russland in Kirkenes an der Barentssee. So führt die E6 zwangsläufig durch die faszinierende Stadt Alta in Nordnorwegen, ein Highlight auf dem Weg in den Hohen Norden. Dabei kommt man an Tankstellen und Campingplätzen wie dem Alta River Camping vorbei.

Alta, oft als «Stadt der Nordlichter» bezeichnet, liegt am Altafjord und bietet eine Mischung aus Natur, Kultur und Abenteuer. Ein absolutes Muss ist das Alta Museum, ein UNESCO-Weltkulturerbe. Hier bestaunen wir uralte Felsritzungen, die bis zu 7000 Jahre alt sind und Einblicke in das Leben der Steinzeitbewohner geben. Das Freilichtmuseum ist auch mit dem Wohnmobil gut erreichbar, und der Parkplatz bietet Platz zum Übernachten. Die Nordlichtkathedrale im Stadtzentrum ist ein weiteres Juwel. Ihre moderne Architektur, inspiriert von den Polarlichtern, glitzert mit Titanplatten verkleidet im Licht.

Für Naturfreunde lockt der Alta-Canyon Sautso, etwa 10 Kilometer lang und bis zu 420 Meter tief. Er ist nur zu Fuss erreichbar, aber die Wanderung durch die wilde Landschaft lohnt sich. Wer Action sucht, kann im Winter Hundeschlitten- oder Schneemobilfahrten buchen, oft kombiniert mit einem Besuch bei den Samen, deren Kultur hier lebendig ist. Im Sommer erstrahlt die Mitternachtssonne, perfekt für lange Tage unterwegs. Wir wollen wie viele andere auch ans Nordkap, aber nicht nur. Denn es gibt noch viele andere grossartige Plätze in dieser Provinz, und überall hat es bestimmt weniger Touristen als am nördlichsten Punkt.

Pflichtstopp Nordkap
In den letzten sechs Nächten war es auf unserer Reise nie dunkel, und das wird auch so bleiben, bis wir die Finnmark wieder verlassen. Die Fahrt von Alta nach Honningsvåg ist eine beeindruckende Reise durch die raue und faszinierende Landschaft Nordnorwegens, die etwa 230 Kilometer entlang der E6 und E69 zurücklegt. Mit dem Wohnmobil dauert sie rund 3,5 bis 4 Stunden, je nach Wetter und Pausen. Sie beginnt in Alta, der «Stadt der Nordlichter», am Altafjord. Von dort führt die Route zunächst nordöstlich entlang des Fjords, dessen steile Ufer und glitzerndes Wasser einen ersten Eindruck der arktischen Natur vermitteln.

Nach etwa 50 Kilometern erreicht man den Porsangerfjord, einen der längsten Fjorde Norwegens. Die Strasse windet sich entlang der Küste, vorbei an kleinen Dörfern wie Older-fjord, wo man tanken oder eine Pause einlegen kann. Die Landschaft wird zunehmend karger, mit Tundra-Vegetation und schroffen Hügeln, die im Winter oft schneebedeckt sind. Im Sommer scheint die Mitternachtssonne, während im Winter die Chance besteht, Nordlichter zu sehen – ein unvergessliches Schauspiel.

Ein Highlight ist der Nordkaptunnel, etwa 30 Kilometer vor Honningsvåg. Dieser 6,8 Kilometer lange Unterwassertunnel verbindet das Festland mit der Insel Magerøya und führt bis zu 212 Meter unter dem Meeresspiegel. Nach dem Tunnel öffnet sich die Sicht auf die zerklüftete Insel, deren Klippen und das raue Meer die Nähe zum Nordkap erahnen lassen.

In Honningsvåg erwartet einen ein kleiner Fischerort mit buntem Hafen und direkter Nähe zum Nordkap. Die Strasse ist gut ausgebaut, aber kurvenreich und im Winter oft eisig – Schneeketten oder gute Winterreifen sind ratsam. Unterwegs trifft man auf Rentiere, die gemächlich über die Strasse trotten, und kann an Aussichtspunkten die Weite der Arktis geniessen. Es ist eine Fahrt voller Kontraste: wild, einsam und von natürlicher Schönheit geprägt. Von Honningsvag sind es noch rund 35 Kilometer ans Nordkap. Nach den obligaten Mitternachtssonnenfotos vor der Nordkapkugel geht die Reise weiter auf Entdeckungstour durch die Finnmark.

Wir fahren insgesamt 120 Kilometer bis vor Olderfjord zurück und biegen dann rechts auf die 889 Richtung Havøysund ab. Und schlagartig ändert sich das Bild. Ein Traum einer Strasse, wir fahren 80 Kilometer nach Norden und uns kommen insgesamt 14 Autos entgegen, eines fährt in die gleiche Richtung wie wir. Wir durchfahren vier Dörfer, stoppen an unzähligen Rastplätzen, entlang der Küste durch Felslandschaften, über kleine Pässchen und grüne Täler. Lassen wieder mal Rentiere vor uns die Strasse überqueren und geniessen diese nationale Touristenstrasse «Havøysund». Havøysund ist ein kleines Fischerdorf mit bunten Häusern, in dem etwa 1100 Einwohner leben. Wie andere Fischerdörfer in der Finnmark ist Havøysund dicht besiedelt, und die Fischerei ist der wichtigste Wirtschaftszweig, der Fisch in die ganze Welt exportiert. Oben auf Gavlen, ein paar Kilometer nordwestlich, stehen Windturbinen, die Strom erzeugen.

Am Ziel angekommen, kämpfen wir uns eine kleine, steile Strasse den Hügel hoch zum Windpark. Beim obersten Windrad parkieren wir auf der grosszügigen Fläche und stellen unser Knutschi an die Sonne. Auf drei Seiten haben wir Meersicht, über uns die riesigen Rotorblätter, neben uns der dicke Stahlmast. Schaut man hinauf, wird einem beinahe Sturm im Kopf!

Während dem Nachtessen zieht plötzlich Nebel auf, und wir sitzen in der dicken, kalten Brühe ohne Aussicht. Wir vermuten, dass nur wir in einer Nebelbank sitzen, und so entschliessen wir uns um 23 Uhr, noch ein Mitternachtsfährtchen zu starten. Und tatsächlich, bereits nach zwei Kilometern lassen wir den Nebel hinter uns und fahren in eine super Abendstimmung mit Mitternachtssonne. Die Fahrt ist so schön, dass wir beschliessen, noch eine halbe Stunde zu fahren und dann auf einem Rastplatz zu schlafen. Anderntags fahren wir den gestrigen Weg wieder zurück, geniessen die Fahrt nun in entgegengesetzter Richtung und könnten schreien vor Glück. Es ist wieder Mal top, kein Verkehr, einsame Strassen, schöne Gegenden, viele Stopps. Zwischendurch holt uns für fünf Minuten der Regen ein, aber wir drücken aufs Gas und hängen ihn wieder ab.

Der komplette Reisebericht ist im Magazin WOHNMOBIL & CARAVAN Ausgabe 2/25 zu lesen.

Text und Fotos: Rolf Järmann
aus dem Magazin: Wohnmobil und Caravan, Zeitschrift Nr. 2/2025

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