Mit dem Camper durch den Yukon und Alaska

Yukon und Alaska – nur schon die beiden Namen klingen nach ungebändigter, einsamer Natur, Goldgräber-Legenden, Abenteuer und grenzenloser Freiheit. Freiheit, die sich am besten mit dem Wohnmobil erfahren lässt. Ob die Staaten auch wirklich ihrem rauen Image entsprechen und wir auf die Wildnis stossen, die wir in unseren Köpfen haben? Die Neugierde lässt uns nicht los und wir folgen dem Ruf der Wildnis in den Norden.

Reiseroute durch den Yukon und Alaska.
Reiseroute durch den Yukon und Alaska.

Die Nacht legt sich langsam über die unzähligen Bergspitzen, die wir mit dem Flugzeug überfliegen. Nachdem die letzten Sonnenstrahlen die Schneekuppen in warme Farbtöne getaucht haben, funkeln nun die ersten Sterne am Nachthimmel. Auf einmal flackert ein grüner Schweif am Horizont. Er verändert seine Form, leuchtet auf und verliert dann an Intensität. Das muss das Nordlicht gewesen sein! Wie gebannt kleben wir am Flugzeugfenster und können es kaum erwarten, das Land im Hohen Norden Nordamerikas zu betreten. Wir landen kurz vor Mitternacht in Whitehorse, der Hauptstadt des kanadischen Yukon Territories. Ein eisiger Wind weht uns beim Verlassen des Flughafens entgegen. Auch wenn es erst Mitte August ist, scheint hier oben der Herbst nicht mehr allzu weit entfernt zu sein.

Ein Taxi bringt uns zu unserer Unterkunft im Zentrum von Whitehorse, welches gleich unterhalb des Flughafens liegt. Am nächsten Tag können wir gleich nach dem Frühstück unser Pickup-Wohnmobil übernehmen. Die Instruktion und Übergabe durch die lokale Vermietung ist schnell abgewickelt und bald einmal kann unsere 5-wöchige Reise durchs Yukon Territory und das benachbarte Alaska starten. Nach einem Grosseinkauf im Supermarkt sind wir bereit und rollen gemächlich zur überschaubaren Stadt hinaus. Kaum sind die letzten Häuser im Rückspiegel verschwunden, sind wir schon von riesigen Wäldern und weiter Natur umgeben. Es zieht uns erst einmal auf dem Highway 2 südwärts, vorbei an zahlreichen kleineren Seen, darunter einem der besonders auffällt. Der Emerald Lake schimmert schon von Weitem in unwirklichen Grün- und Blautönen durch das dunkle Grün der Nadelwälder. Man hat schon fast das Gefühl, man müsse sich die Augen reiben, um sich von der Echtheit der Farben hinter den Bäumen zu überzeugen. Dann öffnet sich der Wald und das smaragdgrüne Juwel breitet sich in voller Grösse vor uns aus. Was wie von Menschenhand eingefärbtes Wasser leuchtet, ist ein Naturphänomen, das durch die Lichtreflexion auf der jahrtausendealten, abgelagerten weissen Asche eines Vulkanausbruchs entsteht.

Unweit des Emerald Lake wartet mit dem Carcross Desert gleich eine weitere Attraktion auf Reisende. Eine Wüste würde man in diesen Breitengraden nicht erwarten, doch die ausgedehnten Sanddünen bilden tatsächlich die sogenannte «kleinste Wüste der Welt». Grosse Sandfelder schieben sich zwischen den dichten Nadelwald und präsentieren ein etwas surreales Bild. Die Dünen entstanden durch Gletscherablagerungen, die beim Rückzug des Eises erst als Schlick in Seen zurückblieben und beim Austrocknen der Gewässer als feiner Sand freigelegt wurden. Wer rechnet schon während einer Reise durch Nordkanada mit einem Spaziergang durch Sanddünen? Nach diesem obligatorischen Fotostopp passieren wir das historische Dorf Carcross, welches heute nur noch ein paar Hundert Einwohner zählt. Während der Goldrauschzeit am Yukon war die Ortschaft, die ursprünglich aufgrund der hier durchziehenden Karibu-Herden «Caribou Crossing» hiess, eine geschäftige Stadt auf dem Weg der Goldsucher gegen Norden.

Nach all diesen ersten Attraktionen ist es Zeit, einen Übernachtungsplatz zu suchen. Die Strasse führt dem wunderschön eingebetteten und weitverzweigten Tagish Lake mit der markanten Bove Island entlang. Hier würden wir gerne bleiben. Als würde unser Wunsch erhört, finden wir am Ufer des Sees einen kleinen Campingplatz des Yukon Governments. Diese staatlichen Campingplätze sind meist in traumhafter Umgebung gelegen, bieten jedoch wenig Komfort. Duschen oder Stromanschlüsse sucht man hier vergebens, dafür gibt es eine unbezahlbare Aussicht, die Natur gleich vor der Wohnmobiltüre und Seeanschluss. Letzterer ist für die Einheimischen um einiges wichtiger als irgendwelcher Luxus, denn schliesslich stehen Fischen und Bootfahren hoch oben auf der Freizeitliste. Doch auch für uns ohne Angelrute oder Boot werden diese Übernachtungsplätze auf dieser Reise an erster Stelle stehen. Wir richten uns gemütlich für zwei Nächte ein und erkunden am nächsten Tag bei schönstem Wetter zu Fuss die Umgebung. Wir wandern auf kaum begangenen Pfaden den Montana Mountain hinauf und kommen immer wieder an Relikten vorbei, die aus der Zeit stammen, als hier Quarz abgebaut wurde. Heute scheinen wir allein unterwegs zu sein. Die baumlose Tundra verfärbt sich schon langsam rötlich und auch der eisige Wind verkündet die rasch herannahenden kalten Wintermonate. Die Sommerzeit ist hier oben kurz und intensiv, der Winter lang und beharrlich.

Bärenstarke Begegnungen
Auf unserer Weiterfahrt dem Klondike Highway entlang queren wir erst die Grenze von Yukon nach British Columbia und machen schliesslich auch noch den Staatsübertritt von Kanada nach Alaska. Mit der Landesgrenze erreichen wir gleichzeitig die 873 m hohe Passhöhe des historischen White Pass. Der White Pass steht in enger Verbindung mit dem grossen Goldrausch, der um 1898 in der Gegend von Dawson City ausbrach. Die Goldprospektoren, die von Süden her in den Yukon strömten, mussten auf ihrem beschwerlichen Weg von der Küste gegen Norden die Coast Mountains überwinden. Der White Pass war eine der Hauptrouten der Goldgräber, die manch einer mit Aussichten auf den grossen Fund trotz harscher Winterverhältnisse auf sich nahm. Später wurde eine Eisenbahn über den Pass gebaut, die auch heute noch für touristische Zwecke genutzt wird. Auf der US-Seite des Passes geht es steil nach Skagway hinunter. In engen Serpentinen windet sich die Strasse dem fjordähnlichen Tal entgegen. Skagway empfängt seine Besucher mit historischen Gebäuden, hölzernen Gehsteigen und einem Wildwest-Spirit, der zwar touristisch ist, einen aber erahnen lässt, wie es damals in den staubigen Strassen der Stadt zu und her ging. Hier kamen Tausende von Glückssuchenden aus den südlichen US-Staaten mit Dampfschiffen an Land, um dann zu Fuss ihre Reise zu den Goldadern fortzusetzen. Es herrschte ein hartes, gesetzloses Leben und die Geschichten der Betrüger, Revolverhelden und Schlitzohren begleiten einen noch heute durch die Strassen Skagways. Wo für die Goldsucher damals die Seereise endete, geht es für uns nur noch auf diesem Weg weiter. Wir müssen mit der Fähre auf einer rund stündigen Fahrt ins nur ein paar Dutzend Kilometer entfernte Haines übersetzen. Auf dem Landweg wären es rund 560 km. Die kurze Überfahrt bietet zudem schöne Aussicht auf die Fjorde und wenn man Glück hat, sogar Wal-Begegnungen. Heute lassen sich die Riesen der Meere jedoch nicht blicken.

Haines ist ein kleiner, gemütlicher Ort am nördlichen Ende der Chilkat-Halbinsel, umgeben von steilen Bergflanken und zwei Meeresarmen. Die Ortschaft selbst bietet keine grossen Attraktionen, sie ist jedoch bekannt für die schneereichen Winter, die in der kalten Jahreszeit waghalsige Freerider anlocken. Zudem findet jeden Herbst etwas nördlich von Haines ein Zusammentreffen Tausender Weisskopfadler und zahlreicher Bären statt. Grund dafür sind die Lachse, die zu ihren Laichplätzen die Flüsse hochströmen. Wir erfahren, dass sich der Chilkoot Lake State Park am gleichnamigen See zur Tierbeobachtung eignet und steuern den schön im Wald gelegenen Campingplatz an. Schon auf der Campingzufahrt herrscht Stau – verursacht von einer Bärenmutter, die mit ihren beiden Jungtieren gemütlich der Strasse entlang spaziert. Wir scheinen Bärenglück zu haben und auf einem abendlichen Spaziergang sehen wir weitere Bären, die mitten im Fluss hocken und Lachse aus dem Wasser ziehen. Auch am nächsten Morgen sind die Grizzlys noch da und gehen ihrer Fischerei nach. Von uns Zuschauern lassen sie sich wenig beeindrucken. Da sich im Chilkoot Lake State Park Mensch und Tier den Fluss zum Fischen teilen, sorgt eine Aufsicht des Parks dafür, dass sich während der Bären-Saison die Menschen und Grizzlys nicht zu nahekommen. Fasziniert beobachten wir lange die mächtigen, ausgewachsenen Tiere und die putzigen Jungen, die sich nur am Rande fürs Fischen interessieren und lieber im Wasser spielen. Mit zahlreichen Bäreneindrücken im Gepäck verlassen wir Haines und fahren wieder durch unberührte Wildnis.

Der ausführliche Reisebericht ist im Magazin Wohnmobil & Caravan zu lesen. Die Ausgabe 4/2019 lässt sich online bestellen.

Text und Fotos: Alexandra Stocker
aus: Wohnmobil und Caravan, Heft Nr. 4/2019

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