Als im Frühling 2020 der Lockdown kam, mussten auch die Campingplätze schliessen. Schnell stieg das Bedürfnis nach freien Stellplätzen, denn diese fielen wie normale Parkplätze nicht unter das Verbot. Aus der spontanen Idee, die Gunst der Stunde und das plötzliche Interesse der Tourismusorganisationen an den Wohnmobilisten zu nutzen, wurde der Verein Wohnmobilland Schweiz.
Da auf Anfragen zu Stellplätzen im Kanton Basel-Stadt die Ämter und die Tourismusorganisationen sich das Anliegen wie einen Ping-Pong-Ball hin und her spielten, reichte die Grossrätin Beatrice Isler eine schriftliche Anfrage im Grossen Rat des Kantons Basel-Stadt ein. Die lapidare Antwort: «Der Kanton Basel-Stadt hat zu diesem Anliegen kein Konzept. Wir verweisen auf private Campingplätze in der Region.»
Wohnmobilland Schweiz arbeitete dann mit der Politikerin (die Mitte) einen Petitionstext aus und lancierte mit dem Verein Rheinpromenade Kleinbasel eine Online-Petition. Die gesammelten 1100 Unterschriften wurden Mitte März übergeben. In einem nachfolgenden Hearing mit dem Kanton wurden mögliche Standorte und Vorgehensweisen besprochen. Im nächsten Schritt muss sich nun die Kantonale Politik ernsthaft mit diesem Thema beschäftigen.
Wohnmobilland Schweiz hofft, dass das Beispiel Basel Schule macht und weitere initiative Kantons- und Bundespolitikerinnen dem Beispiel von Beatrice Isler folgen. Wohnmobilland Schweiz hilft gerne mit, wenn es darum geht, aus der Schweiz ein Land zu machen, wo es heisst «Wohnmobil willkommen».
Wohnmobilland Schweiz
9475 Sevelen
nfwmlndch
Als im Frühling 2020 der Lockdown kam, wurden die Betreiber von Campingplätzen über die geltenden Verbote informiert. Zu den Stellplätzen war in der Verordnung nichts zu finden. Im Vokabular der entsprechenden Ämter kam der Begriff «Stellplatz» nicht vor. Was ist das überhaupt? Und wie viele davon gibt es überhaupt in der Schweiz? Fragen, die niemand beantworten konnte.
In seinem Blog machte Rolf Järmann einen Aufruf, wer bereit wäre, als Vorstandsmitglied mitzuhelfen, einen Verein zu gründen, der sich für die Schweizer Stellplätze einsetzt. Keine 24 Stunden später waren sechs Personen gefunden, die bereit waren, im Vorstand mitzutun. Innerhalb von zwei Wochen wurden Statuten ausgeschaffen, ein Namen gesucht und zur Online-Gründungsversammlung aufgerufen. Wer sich am Freitag, 15. Mai zwischen 17 und 18 Uhr registrierte, zählt zu den Gründungsmitgliedern. Statt den erwarteten 20 Mitgliedern schreiben sich in dieser einen Stunde bereits 105 Mitglieder ein. Wohnmobilland Schweiz war geboren.
Nun war auch etwas Geld vorhanden, sicherten diese Gründungsmitglieder doch einen Jahresbeitrag von je 65 Franken zu. Eine Internetseite wurde programmiert und offizielle Stellplätze in der Schweiz zusammengetragen, so dass man einen Überblick bekam, wer welche Stellplätze in der Schweiz unterhielt. Einfache Merkblätter wurden erarbeitet, alle dazumal 2222 Gemeinden der Schweiz via E-Mail angeschrieben. So wurde versucht, ihnen Wohnmobilstellplätze schmackhaft zu machen. Da in jener Zeit die Campingplätze geschlossen waren, überall Wohnmobile wild campierten, war Wohnmobilreisen plötzlich in aller Munde. Stellplätze schossen fast wie Pilze aus dem Boden. Die wachsende Zahl von Mitgliedern meldete dem Vorstand mögliche zukünftige Stellplätze, und dieser nahm mit potenziellen Betreibern Kontakt auf. Endlich wurden in der Schweiz die Aktivitäten der Stellplatzsuche etwas koordiniert, mit dem Resultat, dass in zwei Jahren über 200 neue Stellplätze entstanden.
Wohnmobil-Dinner
Vom Erfolg beflügelt, adaptierte anfangs Dezember 2020 der Vorstand die deutsche Idee des Wohnmobil-Dinners mit anfänglich fünf Stellplätzen, die gleichzeitig auch ein Restaurant betrieben. Kaum war die Webseite bereit und einige Testessen im Wohnmobil serviert, kam am 18. Dezember der Gastro-Lockdown. Die Idee der Wohnmobil-Dinners fand bei der Presse und den Gastwirten grosses Interesse, und so berichteten von SRF bis zum Lokalradio viele Medien über diese Idee. Am Ende des Gastro-Lockdowns waren über 160 Restaurants schweizweit beteiligt und nach Einschätzung von Wohnmobilland Schweiz wurde rund ein Dutzend Restaurants von den Wohnmobilisten vor einem Konkurs gerettet.
Umstrukturierung
Die Mitgliederzahlen stiegen und stiegen, die Anzahl Stellplätze verdreifachten sich in der Schweiz, und die Arbeit von Wohnmobilland Schweiz wurde mit dem Erfolg immer umfangreicher So musste sich Wohnmobilland Schweiz umstrukturieren und verstärken. Der Vorstand wurde auf elf Leute vergrössert, Rolf Järmann als amtierender Präsident übernahm die neu geschaffene 50%-Geschäftsstelle und ein neuer, erfahrener Präsident wurde mit René Häsler gefunden. Nebst dem Vorstand engagiert sich eine Vielzahl von Mitgliedern; sei dies als Übersetzer, Messerepräsentanten, Helfer bei Treffen, in den sozialen Medien oder als Fachexperten.
Aufgaben
Je vertiefter die Thematik des Wohnmobiltourismus beleuchtet wird, desto mehr Fragen tauchen auf. Es fehlt zum Beispiel ein Verkehrssignal, um einen Stellplatz oder eine Entsorgungsstation zu signalisieren, nicht einmal der Begriff Campieren ist in der Schweiz definiert. Ist nun schlafen im Wohnmobil schon campieren oder erst, wenn die Wäscheleine draussen hängt? Jede Gemeinde definiert diesen Begriff für sich selber, und darum muss jeder Wohnmobilist, will er irgendwo auf einem Parkplatz übernachten, zuerst das örtliche Gemeindereglement studieren, was erlaubt ist und was nicht.
Mitgliedertreffen
Im Oktober 2021 fand in der Schweiz das erste Mitgliedertreffen mit rund 270 Personen statt, welche mit 140 Wohnmobilen anreisten. Auf dem grossen Stellplatz in Altstätten, den Wohnmobilland Schweiz initiierte, fanden Fachvorträge statt. Auch wurde bei der Ankunft jedem Wohnmobil auf der mobilen Waage das Gesamtgewicht aufgezeigt, was zu einigen überraschten Gesichtern führte. Ein kleiner Beitrag zum Thema Fahrsicherheit.
Wohnmobilland Schweiz hat inzwischen über 2500 Mitglieder, ist bis ins Ausland vernetzt und beginnt nun, sich auch politisch für den Wohnmobiltourismus einzusetzen. Es gibt noch viel Arbeit, bis die Schweiz den Rückstand im Wohnmobiltourismus zu Deutschland und Frankreich aufgeholt hat.
aus: Wohnmobil und Caravan, Heft Nr. 3/2022